The Broadcast / The Eisbach - Past, Present & Future of the World's Most Famous City Surf Spot

Der Eisbach - Past, Present, Future des berühmtesten City-Surfspots der Welt

Mitten im Herzen von München, am Rande des Englischen Gartens, fließt der kleine Fluss Eisbach. Auf den ersten Blick ist er unscheinbar, doch er hat eine Besonderheit, die ihn weltweit bekannt gemacht hat: die sogenannte Eisbachwelle. Das ist eine stehende Welle im Flusslauf, auf der seit Jahrzehnten gesurft wird. Laut touristischen Angaben gilt sie als „die konstanteste, größte und beste Flusswelle mitten in einer Großstadt weltweit“.

20.11.25

4 min read

Die Ursprünge des Surfens am Eisbach reichen zurück in die 1970er und 1980er Jahre. Damals entdeckten einige Enthusiasten die Strömung am Einstieg im Englischen Garten – ein urbaner Surfspot mit Stadtkulisse und Flussbett statt Meer. Im Laufe der Zeit wuchs die Szene, Zuschauer versammelten sich am Ufer, es wurden Fotos gemacht und München erhielt eine neue urbane Surf-Identität. Touristen kommen nicht nur wegen des Marienplatzes oder der Frauenkirche, sondern auch, um mitten in der Stadt Surfer zu sehen.

Die Eisbachwelle hat sich zu einer touristischen Attraktion der Stadt gemausert: Surfer auf dem Brett, Zuschauer am Rand und das alles in einem grünen Stadt-Fluss-Ambiente. Der „Bach“, wie die Einheimischen ihren Surfspot nennen, gilt weltweit als der legendärste City-Surfspot – mit all seinen Chancen, aber auch Risiken.

Erst illegal, dann geduldet, schließlich legalisiert

Das Surfen am Eisbach war lange illegal und glich einem Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei und der Stadtverwaltung. In den 2000er Jahren wurde es geduldet. Nach Bürgerinitiativen, prominenten Unterstützern und Medienaufmerksamkeit setzte sich schließlich die Legalisierung durch. Im Jahr 2010 erklärte der damalige Oberbürgermeister Ude das Surfen auf der Eisbachwelle für legal – unter der Voraussetzung, dass klare Regeln zur Selbstverantwortung und Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden. Seither gilt ein Regel- und Genehmigungsrahmen. Es gibt nicht mehr völlige Freiheit, sondern eine Form von „Surfen auf eigene Gefahr“ unter Auflagen. Die Stadtverwaltung übernimmt zwar keine uneingeschränkte Haftung, hat aber Regeln für das Surfen am Eisbach aufgestellt. So ist das Surfen nur für körperlich fitte Personen mit selbstlösender Leash und in Begleitung (Buddy-Prinzip) erlaubt.

Diese Regeln sind die Folge eines tragischen tödlichen Unfalls einer Münchner Surferin vom 16. April 2025: Die 33-Jährige stürzte, ihre Leash verhakte sich am Grund des Eisbachs und sie konnte nicht mehr selbstständig auftauchen. Aufgrund der starken Strömung konnte sie die Leash nicht selbstständig lösen. Erst nach etwa 30 Minuten wurde sie von Feuerwehrtauchern geborgen und verstarb anschließend im Krankenhaus.

Dieser erste tödliche Unfall am Eisbach fand ein breites internationales Medienecho und war für die lokale Surf-Community ein Schock. Wie kann es passieren, dass sich eine Leash verhakt? Welche Rolle spielen Strömung und Untergrund? Können solche Situationen verhindert werden? Die Staatsanwaltschaft München I leitete Ermittlungen ein, senkte den Wasserstand und untersuchte das Bachbett, konnte jedoch keine eindeutige Ursache ermitteln.

Die aktuelle Situation

Im Rahmen der jährlichen „Bachauskehr“, also der Gewässerpflege und Reinigungsarbeiten im Bereich des Eisbachs, wurde im Herbst 2025 der Wasserstand reduziert und das Flussbett gereinigt.
Nach Abschluss dieser Arbeiten stellte sich jedoch ein negativer Effekt ein: Die Eisbachwelle formt sich nicht mehr in der gewohnten Weise. Anstelle der gewohnten grünen stehenden Welle ist nun nur noch eine Weißwasserwalze zu sehen, die nicht surfbar ist. Warum? Es kursieren mehrere Hypothesen: Reduzierter Wasserfluss durch die Ausleitung der Isar, veränderter Untergrund oder geänderte Strömungen. Dies sind nur einige der unzähligen Spekulationen über die Gründe für das Verschwinden der Welle.

Es ist schon absurd, welches globale Medienecho die Nachricht „Eisbachwelle – nicht mehr surfbar“ erzeugte. Von ABC News und der New York Times über The Guardian bis hin zu sämtlichen großen TV- und Verlagshäusern in Deutschland wurde über das Phänomen berichtet. Dabei ist das „Zusammenfallen“ der Welle „ein ganz normales Phänomen, das es in der Vergangenheit immer wieder gab“, wie Quirin Rohleder, langjähriger Eisbachsurfer, im TV-Interview der ARD-Tagesthemen erläutert. (ab Minute 31.00)

Doch mit der gesteigerten Popularität des Surfens am Eisbach und dem Wandel von einer Gaudi für einige wenige zu einer bedeutenden Touristenattraktion der Stadt gewinnt die Eisbachwelle auch politisch an Bedeutung. Oberbürgermeister Dieter Reiter inszeniert sich gerne als „Freund” der Münchner Surfer und lud zu einem Runden Tisch ins Rathaus. Zusammen mit Vertretern der Surf-Community wurden verschiedene Schritte diskutiert, um die Welle wiederherzustellen. Die Planungen umfassen unter anderem eine Überprüfung des Wasserlaufs, bauliche Maßnahmen, um die Strömungsverhältnisse zu stabilisieren, sowie das Einbringen von Kies ins Flussbett. Die Stadt ließ sogar Strömungsexperten der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg anreisen, um die Ursachen zu erforschen. Doch wie üblich mahlen die Mühlen der Stadtverwaltung langsam, und bis heute (15.11.) ist der Bach nicht surfbar.

Für einige Eisbachlocals scheint das Vorgehen der Stadt nicht effizient zu sein. Warum lässt man Experten aus Hamburg anreisen, wenn die Surfer selbst über das nötige Know-how verfügen? Bei einer nächtlichen DIY-Aktion Anfang November versenkten sie eine „Rampe” (eine Holz-Seil-Konstruktion) im Bachbett, die die Strömung so beeinflusst, dass sich aus der Wasserwalze wieder eine Welle formt. (https://www.instagram.com/surfclubmunchen/)

Die Idee einer hölzernen Rampe ist nicht neu: Früher verankerten Surfer immer wieder ein schweres Brett vor der Welle. Mit Seilen wurde es an der Brücke der Prinzregentenstraße befestigt. Mithilfe dieses Brettes konnten die Surfer die Welle bei Bedarf anpassen und in die optimale Form bringen. Aufgrund haftungsrechtlicher Bedenken wurde die Rampe jedoch entfernt. Gerade seit dem tödlichen Unfall in diesem Jahr spielen rechtliche Fragen am Eisbach eine wichtige Rolle.

Die Eisbachwelle in München befindet sich derzeit an einem Wendepunkt: Einerseits ist sie eine Ikone des urbanen Surfens, ein Touristenmagnet und fester Bestandteil der Münchner Sport- und Kulturidentität. Andererseits haben der tragische Unfall, die Wartungsarbeiten und die aktuell ausbleibende Welle gezeigt, wie empfindlich solche Attraktionen sein können. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, ob Stadt und Surfer gemeinsam einen Weg finden, die Welle wiederzubeleben – sicher, verlässlich und mit jener Energie, die sie einst zu dem gemacht hat, was sie heute ist.